Wie gehe ich damit um, dass ich schlechter sehe? Was kann Menschen helfen, deren Augenlicht langsam verschwindet? Wie bewältigt man Erblindung? Diese Fragen beschäftigten die 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der dritten Fachtagung des Dachverbandes der evangelischen Blinden- und evangelischen Sehbehindertenseelsorge (DeBeSS), die am gestrigen Sonntag in Mainz zu Ende gegangen ist.
Der Theologe und Pfarrer Rainer Schmidt lenkte den Blick der Teilnehmenden in seinem Impuls auf die biblischen Heilungsgeschichten. Aber nicht das Gesundwerden, die momentane Heilung, die jederzeit durch neue Ereignisse oder Krankheit wieder beendet werden kann, ist aus seiner Sicht dabei die Zielrichtung der Geschichten. Sondern im Vordergrund steht, dass der Mensch heil wird, indem er Beziehungen zu anderen Menschen und zu Gott aufnimmt.
Die Psychologin und Psychotherapeutin Svenja Erzgraber aus München brachte in ihrem Beitrag den Teilnehmenden psychologische Sichtweisen nahe. Es wurden Strategien entwickelt, die gleich im Rollenspiel ausprobiert werden konnten. Es zeigte sich dabei, dass die Beratenden auch die eigene Hilflosigkeit ertragen lernen müssen. Zur Bewältigung von Behinderung gehört es auch, gemeinsam Trauer und Angst auszuhalten, bevor mit Hilfen und Tipps neue Perspektiven gegeben werden können.
Zum Glück zeigte Rainer Schmidt, der auch Kabarettist ist, dass auch der Humor eine gute Strategie ist, mit seiner Behinderung umzugehen. In seinem Kabarettprogramm plauderte er launig über skurrile Situationen, die er als behinderter Mensch selbst erlebt hat. So wurde nicht nur befreiend gelacht, sondern zugleich erlebten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einen sich leidenschaftlich für Inklusion einsetzenden Menschen.
Mit einem bewegenden Gottesdienst ging die Tagung am letzten Tag zu Ende. Drei selbst betroffene Pfarrerinnen und ein Pfarrer brachten ihre persönliche, von der Sehbehinderung geprägte Lebensgeschichte in Beziehung zu Gottes Zusage „Fürchte dich nicht. Ich bin mit dir.“
Alt, jung, seh-, hör- oder gehbehindert, evangelisch, katholisch, haupt- oder ehrenamtlich in der Kirche tätig – all das spielte bei der Fachtagung keine Rolle! Es wurde in dieser großen Vielfalt gearbeitet und gemeinsam nach Lösungen gesucht. Und nur die Führhunde schliefen, während die Menschen ein Stück inklusive Kirche lebendig werden ließen.